Bildungsgipfel sendet kontraproduktives Signal
Beim bildungspolitischen Dialog in Sachsen-Anhalts Staatskanzlei wurde von allen Beteiligten einschließlich des Ministerpräsidenten betont, wie wichtig es sei, für die Attraktivität des Schuldienstes in Sachsen-Anhalt zu werben und diese weiter zu erhöhen.
Schon jetzt zeigt sich jedoch überdeutlich, dass die von der Landesregierung eingeleiteten Mehrbelastungen zu diesem Ziel nicht beitragen werden. Andreas Slowig, Vorsitzender der Vereinigung der Schulleiter an Gymnasien: „Wir als Schulleiterinnen und Schulleiter nehmen nach den Beschlüssen große Unruhe und Empörung in den Kollegien wahr. Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind enttäuscht, dass ihre vielfach durch Arbeitszeitstudien dokumentierte hohe berufliche Belastung noch weiter anwachsen soll“.
Die Landesregierung kündigt einen seit über zwei Jahrzehnten aus guten Gründen bestehenden Konsens, nicht an der „Stundenschraube“ zu drehen, auf. Die von Ministerpräsident Haseloff mehrfach getätigte Aussage, Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen-Anhalt würden bezüglich zu leistender Unterrichtsstunden den anderen Bundesländern gleichgesetzt, hält selbst einer oberflächlichen Prüfung nicht stand. Lehrerinnen und Lehrer in Bayern oder Niedersachsen stehen bis zu drei Stunden wöchentlich weniger vor der Klasse, in Thüringen und Sachsen erhalten Lehrkräfte ab dem 55. Lebensjahr Abminderungsstunden.
„Einige Schulleiterinnen und Schulleiter berichten von ersten Kündigungen in ihren Kollegien sowie von Lehrerinnen bzw. Lehrern, die nun erst recht den frühestmöglichen gesetzlichen Renteneintritt ankündigen“, so Slowig. Verunsicherung an den Schulen löst insbesondere die mit der „Vorgriffsstunde“ verbundene Ankündigung von Personalbewegungen in Form von Kettenabordnungen aus, die den Unterrichtsbetrieb in jeder Schule im laufenden Schuljahr massiv beeinträchtigen werden.
Der Lehrkräftemangel in Sachsen-Anhalt ist ein objektives Problem, vor dem alle Lehrerverbände bereits seit Jahren erfolglos gewarnt haben. Erforderliche Gegenmaßnahmen, wie eine Verbreiterung des Einstellungskorridors oder eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten, wurden zu spät ergriffen. Die Lehrkräfte, die das System Schule die letzten Jahrzehnte unter großen Anstrengungen am Laufen hielten, werden nun für die politischen Fehler, die den aktuellen Missstand herbeigeführt haben, zur Kasse gebeten.
Slowig: „Neben der eigenen Betroffenheit von der Mehrbelastung gebietet die Fürsorgepflicht als Schulleiterinnen und Schulleiter gegenüber unseren Lehrkräften, uns dem Aufruf der Gewerkschaften bzw. Verbände zu Protestkundgebungen in Magdeburg und Halle anzuschließen. Das geschieht aus der Überzeugung, dass die beschlossenen Maßnahmen die Unterrichtsversorgung nicht ansatzweise in dem Umfang verbessern werden, wie von den Verantwortlichen erhofft.“
Halle (Saale), 10.02.2023